Kinder, Radfahrer, Jogger …. auf einmal sind sie alle wieder da

Wenn die Bäume ihr erhelltes Grün zeigen, die Sonnenstrahlen endlich wieder wärmen und es so herrlich nach Frühling riecht, erwacht nicht nur die Natur zu neuem Leben. Auch die winterlichen Stubenhocker haben wieder Lust, nach draußen zu gehen. Die Parks und Grünanlagen füllen sich mit Joggern, Radfahrern und Spaziergängern. Kinder laufen johlend herum, es wird mit Frisbeescheiben geworfen, erste Grillfreunde sind unterwegs – und natürlich auch ganz viele Hunde und ihre Halter. Kaum jemand macht sich dann Gedanken, dass die plötzliche Geräusch- und Geruchskulisse auf den vierbeinigen Begleiter wie ein Kulturschock wirken muss. Denn er wird mit Reizen geradezu überflutet. Wird das Ganze zu viel für ihn, sucht er sein Heil entweder in der Flucht oder versucht, die Ursache für das entstandene Unbehagen abzustellen. Daher kann es jetzt zu manch heikler Situation kommen. Hunde jagen Jogger oder verbellen sie oder rennen Radfahrern oder spielenden Kindern hinterher. Ernsthaft sind die Zwischenfälle zum Glück meist nicht, jedoch fühlen sich Spaziergänger und Jogger zu Recht belästigt.
Vor allem ängstlichen Hunden machen die vielen Reize zu schaffen, so dass der Spaziergang für sie weniger zum Spaß als vielmehr zum Staffellauf wird. Halten Sie mit einem ängstlichen Hund die Spaziergänge daher bewusst kurz. Auf gar keinen Fall sollten Sie von ihm verlangen, dass er Kontakt mit dem angstauslösenden Reiz aufnimmt, weil dieser in Ihren Augen gar nicht so schlimm ist. Das verstärkt nur seine Angst und kann in Aggressionen um schlagen. Auch die verständliche Reaktion vieler Halter, dem Hund gut zuzureden, bewirkt das Gegenteil. Der Hund lernt, dass er für das unerwünschte Verhalten Lob und Aufmerksamkeit bekommt, er wird es also mit noch größerer Begeisterung tun. Auch Schimpfen verstärkt die Angst und schadet außerdem der Hund-Halter-Beziehung.
Jetzt hat der Hund gleich zwei Probleme: seine Angst und ein verärgertes Frauchen oder Herrchen. Auch wenn es unverständlich erscheint, sollten Sie das angstaggressive Verhalten ignorieren. Das heißt, nicht anfassen, nicht ansprechen und nicht angucken. Warten Sie, bis der Hund sich wieder entspannt und belohnen ihn dafür. Hat Ihr Gegenüber aber offensichtlich Angst oder handelt es sich um ein Kind, gehen Sie hin, leinen ihn wortlos an und gehen ohne Kommentar weiter. Je entspannter und
selbstbewusster Sie sind, desto besser kann Ihr Hund mit der Situation umgehen. Ändern können Sie sein Verhalten ohnehin nur langfristig und mit professioneller Hilfe.
Jagt ein Hund Jogger oder Radfahrer, kann das sowohl angstbedingt sein als auch durch Jagdverhalten ausgelöst werden. Junge Hunde laufen zunächst spielerisch hinterher. Schimpft der Halter jedes Mal laut, werden manche Hunde ängstlich oder angst- aggressiv. Vor allem wenn der Jogger sich wehrt und den Hund anschreit oder tritt. Um vorzubeugen, sollten Sie einen jungen Hund sofort zurückrufen und fürs Kommen belohnen. Klappt das nicht, führen Sie ihn besser an der Leine, bis Sie ihn richtig unter Kontrolle haben, damit er Menschen nicht in sein „Beutespektrum“ aufnimmt. Eine plötzlich auftretende, durch Umweltreize ausgelöste Ängstlichkeit kann durch organische Ursachen auch noch verstärkt werden.
Weiterer Aspekt der Problematik ist, dass im Winter das Gehorsamstraining oft vernachlässigt wird. Im Frühling wird vom Hund dann plötzlich verlangt, „aufs Wort“ zu gehorchen. Ich empfehle daher, Hunde bei den ersten Spaziergängen in stark „belebten“ Gebieten anzuleinen und den Gehorsam erst wieder zu trainieren. Für territoriale Hunde ist guter Gehorsam besonders wichtig. Hat ein Gebiet ihm den Winter über fast ganz allein gehört, kann er nun nämlich plötzlich beschließen, dass auch jetzt kein fremder Mensch und kein Tier mehr Zutritt hat. Da Territorialität genetisch fixiert ist, kann solch ein Verhalten nur durch einen sehr guten Gehorsam kontrolliert werden. Beginnen Sie daher im zeitigen Frühjahr erst einmal ohne Ablenkung durch andere Menschen, später dann unter Ablenkung, einen guten Grundgehorsam aufzubauen. Besonders wichtig ist, dass er auf Pfiff oder Rückrufsignal zuverlässig zurückkommt. Laufen Sie beim Spaziergang auch nicht nur hinter ihm her, sondern beschäftigen Sie sich mit ihm. Sonst ist die Gefahr groß, dass er sich eine „eigene“ Beschäftigung sucht. Neigt er zum Jagen, lassen Sie ihn besonders in wildreichen Gebieten nicht von der Leine.

Jogger-Merkmale

Diese Anzeichen sprechen für angstmotiviertes aggressives Verhalten. Sie können, müssen aber nicht alle zusammen auftreten:

  • Der Hund läuft bellend um den Jogger oder Radfahrer herum.
  • Die Haare auf dem Rücken sind aufgestellt.
  • Die Ohren sind zurückgelegt.
  • Die Muskulatur ist angespannt, der Hund wirkt dadurch steif.
  • Die Beine sind durchgedrückt oder er knickt in den Hinterbeinen ein und wirkt kleiner.
  • Er knurrt und versucht, den Jogger etc. so lange wie möglich im Auge zu behalten

Ihre Hundetrainerin Sabrina Franzkoch

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